Papyrussammlung
Das Institut für Altertumswissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena beherbergt die nach Leipzig zweitgrößte Sammlung von Schriftzeugnissen der antiken Welt in Mitteldeutschland. Dabei handelt es sich nicht nur um Papyri, auch wenn diese mit ca. 2.000 Stück den größten Anteil ausmachen. Daneben gehören auch 70 mit Tinte beschriftete Keramikscherben (die sogenannten Ostraka), drei beschriftete Holztäfelchen, zwei Steininschriften und ein Stück beschriftetes Hadernpapier zum Bestand der Sammlung. Neben wenigen, aber bedeutenden literarischen Texten (z. B. den berühmten Irenäus-Papyrus, der einen Auszug aus einem sonst nur in lateinischer Übersetzung bekannten Werk dieses Kirchenvaters erhält) handelt es sich dabei überwiegend um dokumentarische Texte (z. B. jegliche Art von Briefen, Dokumente der Verwaltung und Rechtspflege, Geschäftstexte, Quittungen). Die Jenaer Sammlung umfasst Papyri von frühptolemischer Zeit (3. Jh. v. Chr.) bis in die Zeit nach der arabischen Eroberung Ägyptens (7. Jh. n. Chr.) in griechischer, demotischer, koptischer, arabischer und lateinischer Schrift. Die Mehrzahl stammt aus dem 3. und 2. Jh. v. Chr. und ist in Griechisch und Demotisch beschrieben.
Begründet wurde die Jenaer Papyrussammlung in den Jahren 1904 bis 1913 durch Zuweisungen des Deutschen Papyruskartells, einem Zusammenschluss deutscher Universitäten, Museen, Bibliotheken und Privatpersonen zum organisierten Ankauf von Papyri und anderen antiken Schriftmedien in Ägypten. Nach Jena gelangten so Papyri aus dem Faijűm (Arsinoitesbezirk), aus Assiűt (Lykopolis), aus Edfu (Apollinopolis Magna) und aus Eschmunęn (Hermupolis Magna). Außerdem kamen viele Stücke von Mumienkartonage in die Saalestadt, die in der Antike aus Papyrusmaché (ähnlich dem Pappmaché) angefertigt worden waren.
Die wissenschaftliche Bearbeitung der Sammlung und die Publikation einzelner Papyri erhielt unter dem Jenaer Gräzisten Friedrich Zucker (1881–1973), einem der Gründerväter der Papyrologie, einen großen Aufschwung. Bei seinem Weggang hinterließ er 1963 seine eigene kleine Privatsammlung dem Institut, die vor allem die Ostraka, Holztäfelchen, Inschriften und einige koptische Papyri enthielt. Auf seine Veranlassung hin wurde sein Schüler Fritz Uebel (1919–1975) mit der weiteren Betreuung der Papyrussammlung beauftragt. Er wurde damit maßgeblich für die Erschließung der Sammlung verantwortlich. Neben seiner regen Publikationstätigkeit vergrößerte er den Bestand der Jenaer Papyrussammlung um 1.300 Stück, die er aus Mumienkartonage gewann. Nach seinem frühen Tod wurde die Papyrussammlung von dem Berliner Papyrologen Günter Poethke kommissarisch betreut, doch waren die Arbeiten in der Sammlung aufgrund der räumlichen Entfernung stark reduziert. Erst durch das Wirken von Jürgen Hammerstaedt als Professor für Gräzistik in Jena seit dem Jahre 2000 erhielten sie eine Fortsetzung und einen neuen Aufschwung. Zusammen mit den Papyrussammlungen in Halle und Leipzig wurde ein Projekt zur EDV-technischen wissenschaftlichen Erschließung und Digitalisierung dieser drei großen mitteldeutschen Papyrussammlungen gestartet. Diese Arbeiten werden jetzt durch ein kleines Team unter der Leitung des Professors für Gräzistik Rainer Thiel fortgesetzt. Die Ergebnisse stehen über das Internet den Spezialisten und einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung: http://papyri.uni-leipzig.deExterner Link
(Autor: Marius Gerhardt)