Der jugoslawische Schriftsteller und Essayist Ivo Andrić

Südosteuropastudien: "Im Brand der Welten. Ivo Andrić. Ein Europäisches Leben" (Michael Martens)

"Dort nahmen sie die unbewusste Philosophie der Stadt auf: dass das Leben ein unfassbares Wunder ist, denn unaufhörlich zerrinnt und zerfließt es, und dennoch dauert es fort wie die Brücke über die Drina." | Lesung und Gespräch ​mit Autor Michael Martens | Mehr dazu: unten.
Der jugoslawische Schriftsteller und Essayist Ivo Andrić
Foto: AFP
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Veranstaltungseckdaten
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Beginn
Ende
Veranstaltungsarten
Abendvortrag/-vorlesung
Lesung und Gespräch
Ort
Jenaer Kunstverein
Markt 16, Galerie im Stadtspeicher
07743 Jena
Google Maps – LageplanExterner Link
Referenten
FAZ-Korrespondent und Autor der neuen Biographie über Ivo Andrić Michael Martens
Moderation: Aleksandra Salamurović (Sprachwissenschaftlerin) und Dennis Dierks (Historiker)
Veranstaltungssprache
Deutsch
Barrierefreier Zugang
nein
Öffentlich
ja

"Im Brand der Welten. Ivo Andrić. Ein Europäisches Leben"

Im Rahmen der Kleinen-Fächer-Wochen lädt das Institut für Slawistik und Kaukasusstudien der FSU Jena, in Kooperation mit der Südosteuropa-Gesellschaft und dem Jenaer Kunstverein zur Lesung und dem Gespräch mit Michael Martens über sein Buch "Im Brand der Welten. Ivo Andrić. Ein europäisches Leben" ein.
Am 5. Februar wird der Journalist und Buchautor Michael Martens im Gespräch mit der Spachwissenschaftlerin Aleksandra Salamurović und dem Historiker Dennis Dierks (beide von der Friedrich-Schiller-Universität Jena) seine vielbeachtete Biographie des jugoslawischen Literaturnobelpreisträgers Ivo Andrić vorstellen.
Der studierte Slawist Michael Martens berichtet seit 2002 als Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung aus Südosteuropa und ist mit der aktuellen politischen Lage und Geschichte der Region bestens vertraut. In seinem neuen Buch wendet er sich mit dem Schriftsteller Ivo Andrić einer zentralen Figur der Geschichte Jugoslawiens im 20. Jahrhunderts zu.
In den 1960er und 70er Jahren war Andrić ein weit über Jugoslawien hinaus beachteter Autor, dessen Werk weltweit gelesen und übersetzt wurde. Heute ist Andrić außerhalb Ex-Jugoslawiens nahezu vergessen. Zugleich erleben wir infolge der Verleihung des Literaturnobelpreises an Peter Handke erneut eine Debatte über Literatur und Geschichte Jugoslawiens und seiner Nachfolgestaaten. Und mit Saša Stanišić verfügt die deutschsprachige Literatur inzwischen über einen vielfach preisgekrönten Autor, der neben vielem anderen auch die Verwobenheit von Lebensgeschichten zwischen Deutschland und seinem und dem Heimatland Andrićs, Bosnien, thematisiert. Besonders in Bosnien und Herzegowina ist Ivo Andrić umstritten. Hier gibt es positive Vereinannahmungsversuche und scharfe Ablehnung. Einerseits wird versucht, den Nobelpreisträger für die eigene nationale Kulturgeschichte zu reklamieren. Dabei wird dann darüber gestritten, ob Andrić ‚eigentlich‘ Kroate oder Serbe oder Bosnier war. Zugleich sehen heute einige bosnische Muslime in Andrićs negativer Darstellung des Islams eine Grundlage für Islamophobie, die letztlich zum Genozid von Srebrenica geführt habe. Gerade deshalb ist eine ebenso kritische wie nüchterne historische Einordnung Andrićs notwendig.
Ivo Andrić (1892–1975) gilt als der bekannteste jugoslawische Schriftsteller und der einzige Literaturnobelpreisträger des einstigen jugoslawischen Staates. Mindestens genauso komplex und fesselnd wie seine bekanntesten literarischen Werke war sein Leben. In Travnik, das im ausgehenden 19. Jahrhundert völkerrechtlich noch zum Osmanischen Reich gehörte, geboren, in Višegrad großgeworden, in Sarajevo in die Schule gegangen, in Zagreb, Wien und Krakau studiert. Nach dem Zerfall des österreich-ungarischen Imperiums wird Andrić Bürger und ein hochrangiger Diplomat des Königsreichs Jugoslawien. Seinen Dienst fängt er in Rom an. Es folgen Bukarest, Triest, Graz, Marseille, Paris, Madrid, Brüssel, Genf. Schließlich wird er im Jahre 1939 zum Gesandten in Berlin ernannt. Während des Zweiten Weltkrieges wurde er zum unauffälligen Privatbürger im okkupierten Belgrad. In Titos Jugoslawien widmete er sich ausschließlich dem literarischen Arbeiten. Martens beleuchtet viele dieser Aspekte und eröffnet gleichzeitig den Raum für neue Einblicke in Andrićs Leben und Werk.