2012: Exkursion "Bulgarien"

Südosteuropa-Exkursion der Professur Südslawistik

Leitung der Exkursion:
Prof. Dr. Thede Kahl

Organisation und Durchführung:
Dr. Gergana Börger, Dr. Tanya Dimitrova, Prof. Dr. Thede Kahl

Zielsetzung der Exkursion:
Im September 2012, fünf Jahre nach der Aufnahme Bulgariens in die EU, organisierten Tanya Dimitrova und Gergana Börger unter der Leitung von Herrn Prof. Thede Kahl eine Exkursion nach Bulgarien, um den interessierten und engagierten Studierenden einen Einblick in die Kultur des Landes und das Zusammenleben seiner Menschen zu vermitteln. Thematische Schwerpunkte waren:

  1. die ethnische und religiöse Vielfalt Bulgariens;
  2. Geschichte, Folklore und Traditionen des Landes

Auf dem Exkursionsprogramm standen u. a. zwei Feldforschungsreisen nach Zlatarica und Glogovo, wo die Studierenden Gelegenheit hatten, die Minderheiten der Rudari und der Pomaken kennenzulernen, ein Treffen mit Schülern des Fremdsprachengymnasiums „Ekzarch Josif I“ mit Schwerpunkt Deutsch, ein Treffen mit Vertretern der NGO „Znanie“, die sich für die Integration der Roma einsetzen, die Vorlesung der Ethnologin Dr. Mila Maeva über die bulgarischen Minderheiten sowie Tanzunterricht mit dem Choreografen Ivan Jotov.

Die Exkursion fand als Ergänzung zum Aufbaukurs b Bulgarisch für BA-Studierende, Bulgarisch 2 für MA-Studierende und dem Seminar „Die Folklore Südosteuropas“ von Herrn Prof. Thede Kahl statt.

  • Warum Bulgarien?

    Was ist das Besondere an Bulgarien? Korruption, Kriminalität und Krisen? Keinesfalls, wissen die Kulturforscher der Balkanregion.

    Was ist das Schönste an Bulgarien? Strand, Schwarzmeerküste und Schafskäse? Die Bulgarien-Begeisterten sind sich einig: Es sind die Menschen. Doch hierzu unsere Exkursionsteilnehmerin Nasrin: 

    Wie sind die Bulgaren eigentlich? Diese Frage ist schwer zu beantworten, darum möchte ich lieber erzählen, was mir im Vorfeld unserer Exkursion passiert ist. Nachdem ich in Sofia gelandet bin nahm ich den Stadtbus, um vom Flughafen ins Stadtzentrum zu gelangen. Dieser kostet einen schlappen Lev (das sind 50 Cent), aber für Gepäckstücke, die größer als 50x40x25 cm sind, muss man eigentlich eine zusätzliche Fahrkarte lösen. Während meiner früheren Bulgarien-Aufenthalte hatte ich jedoch schon in bulgarischen Bussen Bulgaren mit 70 Kilo Handgepäck, das auf vier kleinkarierte Tüten mit Reißverschluss verteilt war, erlebt, die für ihr Gepäck niemals bezahlen mussten. Also habe ich für meinen Wanderrucksack ebenfalls kein Extra-Ticket gelöst. Nun kamen die Kontrolleure, ich zeigte mein Ticket und sie fingen an, miteinander zu flüstern. Nach einer kurzen Lagebesprechung fragten sie mich ganz entschlossen, ob ich einen Fahrschein für mein Gepäck hätte. Um ihrer Frage Gewicht zu verleihen, fingen sie an, mit einem ausziehbaren Messband meinen Rucksack auszumessen. Es war sofort klar, dass der zu groß war, da hätte sich nicht mal der Rosenölhändler Baj Ganju rausreden können. Ich gab alles zu und wurde aufgefordert, an der nächsten Haltestelle auszusteigen und 40 Leva Strafe zu bezahlen. In diesem Augenblick brach unter meinen Mitreisenden ein regelrechter Tumult aus. Auf die Kontrolleure wurde von allen Seiten eingeredet. Die Diplomatischeren argumentierten, dass der Wanderrucksack kein großes Gepäckstück sei, da man ihn auf dem Rücken trägt. Die Angriffslustigeren debattierten heftig über die verfehlte Geschäftspolitik von bulgarischen Verkehrsunternehmen. Einer hielt mich am Arm fest, um sicherzugehen, dass ich nicht doch noch aussteige. Die Kontrolleure schienen nicht sonderlich überrascht zu sein. So gelassen wie möglich stiegen sie an der nächsten Bushaltestelle aus. Alle Busreisenden freuten sich, mit mir zusammen, über ihren Sieg. Für alle Fälle erhielt ich von einem der Passagiere eine Fahrkarte, falls ich noch Mal kontrolliert werde.

  • Loveč. Natur und Kultur

    Loveč ist eine Kleinstadt im Norden Bulgariens mit etwas mehr als 30 000 Einwohnern. Sie wird vom Fluss Osăm entzwei geteilt. Ganz in der Nähe von Loveč befindet sich die berühmte Devetaška-Höhle. Wie durch archäologische Funde nachgewiesen war sie schon während der Altsteinzeit, um 70.000 v. Chr., von Menschen bewohnt.

    In einem kurzen Bericht fasst Jacqueline ihre ersten Eindrücke und Erkenntnisse zusammen: „Als wir nach unserer Fahrt aus dem Bus ausstiegen kam mir die Gegend ziemlich verlassen vor. Eigentlich habe ich mir große Hinweisschilder, Parkplätze und asphaltierte Wege zur Höhle vorgestellt. Da waren aber lediglich ein Paar Einheimische mit kleinen Verkaufsständen. Nachdem wir aber den Osăm überquerten konnten wir den eindrucksvollen Eingang der Devetaška-Höhle bewundern. Ich erfuhr, dass die Brücke über den Fluss extra für die Dreharbeiten zum Hollywoodfilm „The Expendables 2“ gebaut wurde.

    Am Ende des Rundgangs durch die Höhle scharrten wir uns alle um ein kleines imposantes Tier – eine Fledermaus. Es stellte sich heraus, dass in der Höhle eine kleine Fledermauspopulation lebt, die sich durch die Dreharbeiten zu diesem Film leider um fast ein Viertel verringert hat, was auch Bürgerproteste auslöste und von Nikolaj Simov vom Center for Bat Studies and Protection bei der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften stark kritisiert wurde. Denn nicht nur Fledermäuse leben in dieser Höhle, sondern auch insgesamt 40 vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten.“

    Im Anschluss an den Natur-Aufenthalt schauten wir uns im regionalen Historischen Museum Fragmente von Keramikgefäßen an, die in der Devetaška-Höhle gefunden wurden, und rekonstruierte Modellbehausungen steinzeitlicher Menschen, wie sie dort vermutlich existiert haben. In der Steinzeitwerkstatt des Museums durften wir unser neu erworbenes Wissen über prähistorische Fertigungsverfahren in die Praxis umsetzen, indem wir selbst Keramikgefäße modellierten.

    Den Exkursionsteilnehmern hat Loveč sehr gefallen, wie auch aus Jacquelines Kommentar deutlich wird: "Ich muss zugeben, dass Loveč eine schöne Stadt ist, also im Vergleich zu Sofia kommt sie mir wie ein Kurort vor, ruhig, entspannt, einfach nicht so viel Hektik."

  • Gabrovo. Stadt des Humors

    Der Balkan hat seine eigenen Schotten – die Bewohner von Gabrovo. Auf ihren sprichwörtlichen Geiz sind sie stolz und verlachen sich selbst in ihren berühmten Gabrovoer Witzen. Wer schon mal aus einem Becher mit gezackten Rändern Wasser getrunken hat, der muss zu Gast in Gabrovo gewesen sein.

    Gabrovo besitzt ein Juwel: Das Freiluftmuseum Etăra – ein Modelldorf mit zwei gepflasterten Straßen, einer Wassermühle, die heute noch zur Teppichreinigung benutzt wird, einer kleinen Kirche, mehreren Häusern, Werkstätten und Läden sowie einem altertümlichen Café, wo Kaffee nach orientalischer Art angeboten wird. Dort konnten wir uns in die Welt des 18./ 19. Jhs. zurückversetzen, als im Winter die Großfamilien zusammen in einem Raum und im Sommer auf der geräumigen Holzterrasse geschlafen haben. Wir sahen uns das Interieur der traditionellen Behausungen an, bewunderten die Mode des 19. Jhs. und schauten den Handwerkern bei der Glocken- und Instrumentenherstellung über die Schulter, wobei die Mutigsten von uns sogar etwas selbst ausprobieren durften.

    In Gabrovo wurde 1835 die erste weltliche Schule gegründet, in der in bulgarischer Sprache unterrichtet wurde – das Aprilovo-Gymnasium. Darauf sind die Gabrovoer sehr stolz, und so gründeten sie ein interaktives Bildungsmuseum, das sich im Stadtzentrum befindet. Hier haben wir alles über das bulgarische Bildungssystem im Wandel der Zeiten erfahren – von pädagogisch-didaktischen Unterrichtskonzepten bis zu Schuluniformen.

    Um ihrem Ruf als Hauptstadt des Humors und der Satire gerecht zu werden errichtete die Stadt 1972 das Museum des Humors und der Satire. Dort haben wir uns die Bilder, Karikaturen und witzigen Gebrauchsgegenstände angeschaut, die auf mehreren Ebenen ausgestellt sind. Was nur Wenige wissen: Alle zwei Jahre wird in Gabrovo die internationale Biennale des Humors und der Satire organisiert.

    Als unschön empfunden wurde von den Studierenden die Architektur von Gabrovo und sein Stadtbild im Allgemeinen. Nasrin äußert sich dazu folgendermaßen: „Gabrovo hat für mich einen eher sozialistischen Charme. Zuerst war ich von der Stadt nicht besonders angetan, bis mir bewusstwurde, dass die sozialistische Komponente absichtlich in die Exkursion eingeplant war.“

  • Veliko Tărnovo und Umgebung

    Veliko Tărnovo ist eine schmucke Kleinstadt mit hügeliger Landschaft und weniger als 100.000 Einwohnern, gepflasterten Straßen und alten Kirchen.

    Veliko Tărnovo besitzt auch eine Hochschule, die mit über 60 Studiengängen als größte bulgarische Universität außerhalb Sofias gilt. Dort, in der Bibliothek des Instituts für Germanistik, haben wir im Gespräch mit den Dozentinnen viel über das heutige bulgarische Bildungssystem und den Stand der Germanistik an bulgarischen Hochschulen erfahren.

    Die Universität in Tărnovo pflegt intensive Kontakte zu deutschen Universitäten, z. B. über Erasmus-Partnerschaften, darunter mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Außerdem existiert dort ein Deutsch-Lektorat, das vom DAAD unterhalten wird. Auch der Sitz des 2005 gegründeten Bulgarischen Germanistenverbandes ist in Veliko Tărnovo.

    Da Veliko Tărnovo auf Hügeln erbaut wurde, gibt es einen alten Witz, der besagt, dass es dort drei mögliche Richtungen gibt, „Нагоре, надолу и по стълбите“, was so viel bedeutet wie „Hoch, runter und entlang der Stufen“.

    Vom 12. bis zum 14. Jh. war Veliko Tărnovo bulgarische Hauptstadt, wovon heute noch die mittelalterliche Festung Carevec aus dem 12. Jh. zeugt, die zum Schutz der Zarenfamilie und des obersten Klerus erbaut wurde.

    Nur fünf Kilometer von Veliko Tărnovo entfernt liegt das Dorf Arbanasi, das ebenfalls seit dem 12. Jh. existiert. Zu der Zeit war es eine Sommerresidenz für die vermögenden Familien aus der damaligen Hauptstadt. Heute ist es ein Museumsdorf mit spätmittelalterlichen Häusern und Kirchen.

    Eine andere Sehenswürdigkeit aus der Umgebung von Veliko Tărnovo ist das Preobraženski-Kloster. Es ist ein heute noch bestehendes Männerkloster mit abwechslungsreicher Geschichte: Im 11. Jh. gegründet wurde es mehrmals zerstört und schließlich im 19. Jh. wiederaufgebaut.

    Der Charme dieser mittelalterlichen Hauptstadt hinterließ schöne Erinnerungen. Als sie ihre Impressionen wiedergibt spricht Željana allen Exkursionsteilnehmern aus dem Herzen: "Angesichts des Namens war ich überrascht, wie klein die Stadt ist, aber den Mangel an Breite und Länge gleicht Veliko Tărnovo durch seine Atmosphäre aus. Es ist bezaubernd und gibt mir das Gefühl, dass der Charm dieser Welt im Kleinen liegt. Auf dem Balkan existiert der Glaube, dass man dorthin zurückkehrt, wo man Wasser aus einem Brunnen getrunken hat. Hoffentlich stimmt das.

  • Zlatarica. Zu Gast bei den Rudari

    Während wir in Veliko Tărnovo waren beteiligte sich ein Teil unserer Exkursionsgruppe an einem Ausflug nach Zlatarica. Der Aufenthalt in dieser kleinen Stadt mit ca. 2.500 Einwohnern, die neben Bulgaren auch Pomaken, Serben und Rudari beheimatet, hat bei den dort hingefahrenen Exkursionsteilnehmern einen so bleibenden Eindruck hinterlassen, dass wir Zlatarica einen eigenen Unterpunkt widmen möchten. Ziel des Ausflugs war es, lexikalisches Wissen über die Kunst des Holzlöffelschnitzens zu sammeln und Aufnahmen vom rumänischen Dialekt der Rudari zu machen. Es folgt Christinas Bericht über diesen unvergesslichen Nachmittag:

    Die Rudari, auch Baieşi genannt, sind eine Roma-Gruppe, die heute überwiegend in Rumänien, Ungarn, Kroatien, der Slowakei und eben auch in Bulgarien anzutreffen ist. Ursprünglich stammen sie aus der Walachei und Moldawien, wo sie bis zur 2. Hälfte des 19. Jhs. in Sklaverei lebten. Sie mussten in den dortigen Minen arbeiten, bis diese wirtschaftlich nicht mehr interessant waren. Danach befassten sie sich hauptsächlich mit der Herstellung von Holzutensilien, gingen aber auch anderen Berufen nach. Heute unterteilt man die Rudari demnach in Ursari bzw. Mečkari (den Bärenhaltern), Lautari (den Musikern) und Lingurari (den Löffelmachern). Während der Sklaverei in der Walachei und Moldawien ist bei den Rudari das Romanes weitestgehend verlorengegangen, stattdessen übernahmen sie von der Mehrheitsbevölkerung das Rumänische. Da sie für Gewöhnlich in kleinen geschlossenen Gruppen zusammenleben, sprechen die heute in Bulgarien siedelnden Rudari immer noch ein archaisches Rumänisch, in das auch Wörter aus dem Bulgarischen Eingang gefunden haben.

    In Zlatarica angekommen, gingen wir zunächst ins Café. Unser Prof. Kahl hatte folgenden Plan: Wir kommen mit den älteren Herren vom Nebentisch in Kontakt, verwickeln sie in ein Gespräch und fragen nach einem Mann namens Ivan, einem alten Bekannten unseres Professors. Der Plan funktionierte tatsächlich. Einer dieser Männer kannte Ivan und erklärte sich sofort bereit, uns zu seinem Haus zu bringen. Als wir bei Ivans Haus angekommen waren und er uns die Tür öffnete, stellte unser Professor fest, dass es ein anderer Ivan ist. Der falsche Ivan entpuppte sich als lokaler Schriftsteller. Dass unser Besuch ein Versehen war, schien ihn nicht weiter zu stören. Bei sich zuhause erzählte er uns die Geschichte von Zlatarica und versprach, uns bei der Suche nach dem wahren Ivan zu helfen. Nachdem er jedem von uns mehrere Exemplare seiner Werke mit einer persönlichen Widmung schenkte, brachen wir mit ihm zusammen zu einer Rudari-Frau auf, die angeblich den wahren Ivan kannte. Unsere Fahrt ging weiter ins Roma-Viertel, nachdem wir unserem Busfahrer die Geschichte vom wahren und falschen Ivan erzählten. Er schien zunächst etwas verwirrt zu sein, hatte aber dann doch Verständnis für die Schwierigkeiten der Feldforschung.

    Als wir im Roma-Viertel von Zlatarica ankamen, lernten wir Christina kennen. Es stellte sich heraus, dass sie den von uns gesuchten Ivan tatsächlich kannte. Leider war er schon vor einigen Jahren verstorben. Auf die Frage unseres Professors hin, wer uns denn jetzt noch etwas über die Kunst des Holzlöffelschnitzens erzählen könne, brachte sie uns zu einer Rudari-Familie. Obwohl alle männlichen Mitglieder gerade zu dieser Zeit fleißig das Dach ihres Hauses erneuerten erklärte sich einer von ihnen bereit, uns alles über die Holzlöffelanfertigung zu erzählen. Zunächst zeigte er uns sein Schnitzwerkzeug, das er aus einer Laube in seinem Garten hervorholte. Wir fragten ihn, warum es so unbenutzt aussehe, woraufhin er sagte, dass er es kaum noch benutze, weil man mit Löffelschnitzen kein Geld mehr verdienen könne. Bei einem Schluck selbstgemachten Rotwein erfuhren wir, dass seine Kinder in Italien studieren und arbeiten, Bulgarisch und Italienisch sprechen, dafür aber das traditionelle Handwerk nie gelernt haben.

    Nach einer Weile kam Cristina wieder hinzu und brachte uns in das Haus einer Verwandten, die uns beim gemütlichen Kaffeetrinken ebenfalls über das Handwerk der Lingurari erzählte. Auch sie hatte noch einige Werkzeuge zur Holzlöffelherstellung vorrätig, gab aber zu, dass sie selbst keine Löffel mehr herstelle, sondern diese von anderen Leuten kaufe. Das Interview mit ihr gestaltete sich als etwas schwierig, weil der falsche Ivan, der uns zu Christina gebracht hatte, immer noch bei uns war und häufig Fragen auf Bulgarisch in die Runde warf, woraufhin die Interviewte auch auf Bulgarisch antwortete und eben nicht auf Rumänisch, wie es unser Professor wünschte. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass unser bulgarischer Busfahrer Rumänisch konnte. Mit großem Interesse beteiligte er sich an unserem Interview. Schließlich verabschiedeten wir uns von Cristina und bekamen jeder einen Original-Holzlöffel geschenkt.

    Alles in allem war es ein sehr interessanter Nachmittag, an dem wir nicht nur die Menschen von Zlatarica näher kennenlernten, sondern auch einen Einblick in die Methoden der Feldforschung gewannen. Hautnah erlebten wir, mit welchen Schwierigkeiten Feldforscher bei ihren Interviews zu kämpfen haben. Unser primäres Ziel, Informationen über das Handwerk des Löffelschnitzens zu erhalten und einige Sprachaufnahmen vom rumänischen Dialekt der Rudari zu machen, haben wir dennoch erreichen können. Leider haben wir keine aktuell tätigen Löffelschnitzer in Zlatarica angetroffen. Christina hat uns jedoch versichert, dass es sie gibt, sie sich jedoch gerade in Griechenland aufhalten, und hat uns eingeladen, nach Zlatarica zu kommen, wenn die Löffelschnitzer wieder zurück sind.

  • Sofia. Begegnungen in der Hauptstadt

    Wie viele andere europäische Großstädte präsentiert sich Sofia als vielseitige und tolerante Stadt mit abwechslungsreicher Geschichte. Das Römische, Byzantinische und Osmanische Reich haben dort ihre architektonischen Spuren hinterlassen. Neben der frühchristlichen Rotunde des Hl. Georg aus dem 4. Jh. und der Sophienkirche aus derselben Zeit besichtigten wir die mittelalterliche Bojana-Kirche aus dem 10. Jh., die Banyabaşı Moschee aus dem 16. Jh. und die Sofioter Synagoge aus dem 20. Jh. Die größte Begeisterung löste jedoch durch ihren Prunk und ihre Größe die Kathedrale des bulgarischen Patriarchen „Sveti Aleksandăr Nevski“ aus.

    Sofia ist eine schnelllebige, aber auch gesellige Stadt. In Parks und Cafés sieht man Menschen, die sich unterhalten, lautstark über Fußball oder Politik streiten, kleine Gesellschaftsspiele spielen, Wein oder Kaffee trinken. Die Dynamik des Sofioter Lebens spürten wir aber am deutlichsten in der Zentralmarkthalle, die Anfang des 20. Jh. gebaut wurde. Hier, auf diesem überdachten Markt, waren wir direkt am Puls der Stadt.

    Um unser Wissen über die bulgarische Folklore zu erweitern gingen wir ins Ethnographische Museum, das mit mehr als 20 000 Exponaten die größte Sammlung bulgarischer Volkstrachten besitzt. Hier haben wir uns die gastierende Ausstellung von Gebrauchsgegenständen, Karnevalskostümen und Volkstrachten der bessarabischen Bulgaren, einer in der Ukraine lebenden Minderheit, angeschaut.

    Das Nationale Historische Museum von Sofia ist das größte Museum Bulgariens. Das prunkvolle Museumsgebäude diente bis 1989 als Präsidentenpalast. Auf 6 000 m² Fläche sind hier 650.000 Exponate ausgestellt. Um uns alles anzuschauen, hätten wir einen ganzen Tag gebraucht. Als wir das Museum verließen, waren wir alle ziemlich erschöpft. Am Ende dieses langen Tages teilten uns Marcella und Susann ihre ersten gemischten Gefühle, die Sofia in ihnen hervorgerufen hat, mit: "Wir finden Sofia mit ihren prunkvollen Bauwerken und dem gepflegten Stadtkern, mit ihren Geschäften und Cafés faszinierend. Wir haben aber auch Stadtviertel gesehen, in denen, nach dem Stadtbild zu urteilen, sehr einfache Lebensverhältnisse und Armut herrschen."

  • Bild von der Exkursion
    Foto: Thede Kahl
  • Bild von der Exkursion
    Foto: Thede Kahl
  • Ausblick von der Festung Tsarevets
    Foto: Thede Kahl
  • Christian referiert über die Geschichte des Dorfes Arbanasi
    Foto: Thede Kahl
  • Fragment an der Außenwand der Klosterkirche des Preobrazhenski-Klosters
    Foto: Thede Kahl
  • Erinnerungsphoto aus dem Ethnographischen Museum
    Foto: Thede Kahl
  • Vor dem Museum für National Geschichte in Sofia
    Foto: Thede Kahl
  • Studierende modellieren Tonfiguren in der Steinzeitwerkstatt des Historischen Museums von Lovec
    Foto: Thede Kahl
  • Devetashka-Höhle
    Foto: Thede Kahl
  • Zheljana bastelt eine Flöte im Ethnographischen Freilichtmuseum Etara
    Foto: Thede Kahl
  • Lachen vor der Zerrspiegeln im Museum des Humors und der Satire in Gabrovo
    Foto: Tanya Dimitrova
  • Zu Gast am Institut für Germanistik an der Kyrill-und-Method-Universität in Veliko Tarnovo
    Foto: Tanya Dimitrova
  • Den "richtigen" Löffelschnitzer Ivan trafen wir nicht mehr an (früheres Photo unseres Professors)
    Foto: Thede Kahl
  • Bulgarische Berühmtheit
    Foto: Thede Kahl