In Serbien gibt es neben vielen kleinen und daher schwerer zu definierenden, drei größere rumänischsprachige Gruppen: Die Vlachen, die Bajeschi und die Rumänen (Sikimić 2014: 52).  Auf der Exkursion haben wir uns von diesen drei vorrangig mit den Vlachen auseinandergesetzt, aber auch die anderen kennengelernt. 

Der Begriff „Vlachen“ wird in der älteren Fachliteratur nicht eindeutig verwendet. Ursprünglich kommt er vermutlich aus dem Keltischen und bedeutete in den südosteuropäischen Sprachen „Rumänen“, im Laufe der Zeit weitete sich die Bedeutung und bezog sich z.B. auch auf die slavisierten Romanen (Peyfuss 2014: 730ff). In älterer Fachliteratur stößt man unter anderem auch auf die parallele Verwendung der Begriffte „Vlachen“ und „Aromunen“, wobei die aus dem Südbalkan (Griechenland, Albanien) stammenden Aromunen ein andere Sprache haben als die Vlachen Ostserbiens, deren Sprache eine Kontinuität westrumänischer Dialekte darstellt. Wir haben uns mit der im Osten Serbiens lebenden Minderheit der Vlachen beschäftigt. Es gibt mehrere Theorien über die Herkunft der Vlachen. Dabei ist die heute am meisten rezipierte, dass die ursprüngliche Heimat der Vlachen auf dem Balkan liegt und sie dort slawischen Einflüssen begegneten. Lange war das Siedlungsgebiet romanisch, ab dem 17. Jahrhundert gab es Migrationsbewegungen von nördlich der Donau nach südlich der Donau. Ebenso gab es in der Folge bulgarische und serbische Einflüsse (Sorescu-Marinković 2006: 125.). Der Zensus von 2002 erfasste 40.054 Menschen in Serbien, die sich ethnisch als Vlachen bezeichneten. Die meisten gehören der serbisch-orthodoxen Konfession an (OSCE 2008: 24).

Die vlachische Kultur zeichnet sich dadurch aus, dass sie überwiegend oral tradiert wurde. Von Beruf waren die meisten Vlachen Schafshirten. Das Vlachische Serbiens wird aus linguistischer Sicht meistens nicht als eigenständige Sprache betrachtet, viele sehen es es als archaische, dialektale Varietät des Rumänischen (Sorescu-Marinković 2012: 1). Spannend ist es bei dieser Thematik, sich auch die politische Ebene anzuschauen. Serbien ist bekannt für seine Minderheitenpolitik, die es mit Aussicht auf den EU-Beitritt im europäischen Sinne vorantreibt. Im Prozess, Serbien den Status des EU-Beitrittskandidaten zu verleihen, blockierte Rumänien zunächst den Beschluss und forderte, Serbien müsse Rumänisch-Unterricht für alle Rumänen in Serbien, auch die Vlachen, einführen. Dabei wurden allerdings auch vlachische Stimmen laut, die erklärten, dass sie sich nicht als Rumänen sehen. Rumänisch entspricht auch nicht der Sprache der Vlachen Serbiens.

Die Vlachen waren die erste südosteuropäische Minderheit, die wir auf unserer Exkursion kennenlernen durften. In Donji Milanovac wurden wir von unseren Gastgebern mit vlachischem Essen begrüßt, dass uns bis zum letzten Tag dort täglich in Begeisterung versetzte. Gleichzeitig konnten wir auch unsere ersten sprachlichen Beobachtungen machen: Obwohl wir in Serbien waren, sprachen unsere Gastgeber vorrangig Rumänisch. Die Zweisprachigkeit ist uns auch bei der Feldforschung immer wieder begegnet – was uns, da manche von uns kein Serbisch, aber Rumänisch lernen, oftmals für Unterhaltungen mit den Menschen sehr entgegen kam. Beim ersten Interview, das Herr Kahl führte, sprachen wir mit vlachischen Musikern. Auch wir durften unsere Fragen stellen und konnten so viel über die Tradition des Musikmachens und des eigenhändigen Baus von Instrumenten erfahren. Außerdem kamen wir in den Genuss, nicht nur die Musik, die für gewöhnlich für Touristen gespielt wird zu hören, sondern auch tatsächlich traditionelle vlachische Musik. Auch für Außenstehende war der Unterschied sehr schnell zu spüren. Für die Rumänisch-Lernenden unter uns waren die Gespräche mit den Vlachen spannend, da wir sehen konnten, wie viel wir vom Vlachischen verstehen und wo wir Unterschiede feststellen konnten. Neben Musik und Alltagssprache im Dialekt wurden wir außerdem Zuhörende von verschiedenen alten vlachischen Geschichten. Oftmals hatten die Interviewten erstmal Schwierigkeiten, fließend Vlachisch zu sprechen. So rutschten manche immer wieder ins Serbische und auf rumänischer Seite war der rumänische Spracheinfluss deutlich zu erkennen. Beim Vokabular gibt es, durch die ursprüngliche Lebensweise als Schafshirten, viele vlachische Tierbezeichnungen, die uns ein Interviewpartner an seinen eigenen Schafen demonstrierte.

An der Akademie der Wissenschaften und Künste in Belgrad wurden uns noch andere Aspekte der vlachischen Minderheit erläutert. So zählt die vlachische Sprache zu den vom Aussterben bedrohten Sprachen. Es gibt allerdings auch neue Bewegungen: Obwohl die Sprache traditionell nicht geschrieben wird, sondern nur eine orale Tradition hat, gibt es mittlerweile Versuche sie zu verschriftlichen. Dabei ist schon ein Kinderbuch entstanden und es wird versucht, die Sprache so auch in den Schulunterricht einzuführen. Ebenfalls gibt es politische Bewegungen aus der vlachischen Minderheit, so zum Beispiel die VNS (Vlaška Narodna Stranka). Auch wir trafen wir einen politischen Vertreter der Vlachen, als wir in Bor waren, mit dem wir einige Sunden diskutierten.

Die Zweisprachigkeit der Region konnten wir auch immer wieder auf unseren Autofahrten beobachten – die meisten Ortsschilder sind auf Serbisch in kyrillischen Buchstaben sowie auf Rumänisch in lateinischen Buchstaben geschrieben.