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Meldung vom: | Verfasser/in: Stephan Laudien
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Digitalisierte Kulturschätze, wie die Amtskette der Jenaer Rektoren, sollen im Projekt „3DBigDataSpace“ digital aufbereitet und gespeichert werden.
Foto: Jan-Peter Kasper; Bearbeitung: Liana FrankeWie lässt sich das vielfältige Kulturerbe Europas digital erschließen und welche Anstrengungen sind notwendig, das digitale Kulturerbe dauerhaft zu sichern und nutzbar zu machen? Um diese Fragen kreist das Projekt „3DBigDataSpace“ im Auftrag der Europäischen Kommission. Das ehrgeizige Ziel lautet, die inzwischen große Zahl an dreidimensional digital erfassten Monumenten und Kulturobjekten zu sichern und europaweit zugänglich zu machen. Direkt beteiligt ist das Team der Juniorprofessor für Digital Humanities um Prof. Dr. Sander Münster von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Wir wollen diesen Datenschatz kartieren und für den im Aufbau befindlichen europäischen Datenraum für Kulturerbe als eine einheitliche europäische Digitalinfrastruktur nutzbar machen“, sagt Sander Münster. Das gerade gestartete Projekt läuft bis Mitte 2026 und wird mit knapp zwei Millionen Euro gefördert.
Virtuelle Reisen durch Zeit und Raum sind möglich
Die Anwendungsmöglichkeiten für 3D-Digitalisate sind immens. So lassen sich etwa historische Bauwerke virtuell in 3D erkunden, per VR-Brille oder am Smartphone. Oder mit Hilfe von historischen Rekonstruktionen eine virtuelle Zeitreise unternehmen. Touristen, die sich beispielsweise Jena anschauen, könnten dadurch auch nicht mehr erhaltene Orte nacherleben. Selbst ein einfacher Stadtrundgang könne so zu einer spannenden Zeitreise durch dreidimensionale Räume werden, sagt Sander Münster. Schon jetzt seien zahlreiche Kulturstätten in 3D digital verfügbar, so Prof. Münster. Das Problem: Die Datensätze liegen auf unterschiedlichen Servern und sie sind nicht einheitlich und zumeist unzureichend katalogisiert. Dies erschwert es, sie zu nutzen. In einem ersten Schritt sollen deshalb 3D-Inhalte in bereits bestehenden Datenpools digital aufbereitet und gespeichert werden. „Wir nutzen dafür Zenodo, welches als europäischer Forschungsdatenspeicher durch das CERN in der Schweiz betrieben wird“, sagt Sander Münster.
Koordiniert wird das Vorhaben von der Time Machine Organisation (TMO), einer internationalen Allianz bestehend aus über 700 Partnern aus dem Kultur- und Technologiebereich, zu denen auch das Jenaer Team von Prof. Münster gehört. Gemeinsam arbeiten die Beteiligten an der Entwicklung einer offenen, digitalen „Time Machine“ – einer immersiven digitalen Spiegelwelt, in der Geschichte dynamisch in Zeit und Raum erlebbar wird. Die TMO treibt Innovationen im digitalen Kulturerbe voran und fördert interdisziplinäre Forschung und Strategien, die mit dem Fokus auf raumzeitliche Daten den Zugang zu historischen Ressourcen und deren Wiederverwendbarkeit stärkt. In diesem Sinne unterstützt die TMO mit dem Projekt „3DBigDataSpace“ dabei, Lücken im bestehenden Datenpool zu schließen, etwa wenn fehlende Schlagworte eine Identifikation des Gegenstands erschweren. „Um solche Lücken zu schließen, entwickeln wir verschiedene digitale Werkzeuge, welche aus verschiedenen Datenquellen und unter Nutzung künstlicher Intelligenz solche Informationen anreichern können“, sagt Sander Münster. Dadurch sollen beispielsweise auf Pilgerpfaden wie dem Jakobsweg auch nicht mehr erhaltene Wegstationen digital sichtbar werden. Für andere Nutzungen der Datensätze gibt es vielfältige Ideen. So sollen die Inhalte auch in musealen Schulprojekten zum Einsatz kommen und Wissen über historische Handwerksarbeiten erlebbar machen.
Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt des Projekts: Eine eigene europäische Dateninfrastruktur erlaubt es, sich von Anbietern im Ausland und rein kommerziell orientierten Plattformen zu emanzipieren und damit auch langfristig einen Datenzugang zu gewährleisten, betont Sander Münster.