Projektleitung: Prof. Melanie Weirich (Projektstart November 2021)
In diesem Projekt beleuchten wir, ob das soziale Umfeld einer Person, genauer gesagt das berufliche Umfeld, einen Einfluss darauf hat, wie wir sprechen. Dazu untersuchen wir Sprecher und Sprecherinnen aus traditionell eher männlich oder weiblich dominierten Berufsfeldern (wie Soldat*innen, oder Erzieher*innen).
Wir haben Sprachaufnahmen von 28 Sprechern und Sprecherinnen in Kindergärten und Bundeswehrkasernen gemacht und zusätzlich 8 Sprecher und Sprecherinnen, die als Führungskraft arbeiten. Dabei haben wir sowohl Lesesprache aufgenommen, als auch Dialoge zwischen Kolleg*innen, in denen sich die Gesprächspartner über zwei Bilder unterhalten sollten, welche sich in kleinen Details unterscheiden (siehe Bild unten).
Ergebnisse:
Gibt es einen Einfluss des Berufs auf sprachliche Variabilität?
In unseren Daten finden wir keinen klaren Effekte der Berufsgruppe auf die mittlere Sprechstimmlage. Eine Tendenz zeigte sich bzgl. einer größeren Modulation der Sprechstimmlage bei männlichen Führungskräften und einer geringeren Modulation der Sprechstimmlage bei weiblichen Führungskräften - was zu einerm geringeren Geschlechterunterschiede in dieser Berufsgruppe führte.
Männliche Führungskräfte zeigten außerdem einen höheren ersten Formanten in Vokalen (F1) als andere Berufsgruppen, was auf einen offeneren Kieferwinkel und ggf. eine deutlichere Sprechweise hinweist. Erzieher und Erzieherinnen hatten einen höheren zweiten Formanten in Vokalen (F2) als SoldatInnen und Führungskräfte. Ein höherer F2 kann das Ergebnis von Lippenspreizung (Lächeln) sein und wird auch häufig in Kind-gerichteter Sprache gefunden. Details zu den Ergebnissen gibt es in diesem ZeitschriftenartiExterner Linkkel.
Spielt das Geschlecht des Gesprächspartners eine Rolle?
Vier Soldat*innen konnten wir sowohl in gleichgeschlechtlichen Dialogen als auch in Dialogen mit Gesprächspartnern des jeweils anderen Geschlechts aufnehmen. Dabei fanden wir, dass Männer ihre mittlere Sprechstimmlage senkten und Frauen die mittlere Sprechstimmlage erhöhten, wenn sie mit dem jeweils anderen Geschlecht sprachen. Damit wurde der Kontrast zwischen den Geschlechtern bzgl. des phonetischen Paramters der Sprechstimmlage in verschiedengeschlechtlichen Dialogen erhöht (siehe Bild unten links).
Spielt der "angenommene" Beruf eine Rolle bei der Bewertung der Persönlichkeit eines Sprechers/einer Sprecherin?
In einem Hörexperiment haben wir den Einfluss des zugeschriebenen Berufs auf die Bewertung von Persönlichkeitseigenschaften (kompetent, sympathisch, warm, emotional) getestet. Dabei spielte es keine Rolle welchen Beruf die Sprecher und Sprecherinnen tatsächlich hatten. Einer Hörergruppe wurde gesagt, dass die vorgespielten Stimmen von Erziehern und Erzieherinnen in Kindergärten stammen, einer anderen Hörergruppe, dass die Stimmen von Soldaten und Soldatinnen aus Bundeswehrkasernen stammen. Es zeigte sich, dass jüngere Hörer (mittleres Alter 25 Jahre) die (angenommenen) ErzieherInnen als wärmer - sympathischer, emotionaler - bewerteten als die (angenommenen) SoldatInnen, während ältere HörerInnen die (angenommenen) SoldatInnen als wärmer einschätzten (siehe Bild unten rechts). Dies deutete auf eine Veränderung im Prestige der Berufe. Mehr Details zu den Ergebnissen gibt es in diesem ZeitschriftenartiExterner Linkkel.
Publikationen und Konferenzbeiträge:
Weirich, M. (in press) The interaction of gender, occupation, and fine-phonetic detail. Social Psychological Bulletin. [Accepted manuscript]. Social Psychological Bulletin. https://doi.org/10.23668/psycharchives.15562Externer Link
Hilliger, L., Maljavin, A. & Weirich, M. (2022) Geschlechtsspezifische phonetische Variabilität & berufliches Umfeld. DGSS Tagung, FSU Jena.