Studienabschlüsse: Erziehungs- und Bildungswissenschaft (BA), Südosteuropastudien / Rumänistik (MA)
Derzeitige Stellung: Sozialberaterein für neuzugewanderte rumänische MigrantInnen beim Caritasverband Berlin
Am 8. November 2018 wurde janka Vogel den Danubius Young Scientist Award verliehen. Dieser mit 1.200 Euro dotierte Preis wird vom Österreichischen Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung und dem Institut für den Donauraum und Mitteleuropa verliehen und würdigt exzellente wissenschaftliche Leistungen und innovative Forschungsansätze zur Donauregion, die zugleich nationenübergreifende Relevanz besitzen.
Ich bezeichne mich als Rumänistin. Das sorgt für Irritationen und Neugier. "Ru-Mä-Nistik? Was ist denn das?" Ungläubige Blicke. Daran gewöhne ich mich vielleicht nie. Jedesmal bin ich neu herausgefordert.
Rumänische Sprachwissenschaft und Landeskunde, ja Rumänien selbst, ist nicht im Bewusstsein meiner GesprächspartnerInnen. Ich muss es erst dorthin holen. „Ich habe rumänische Sprache, Geschichte, Kultur und Politik studiert“, sage ich meist. Ich kenne mich aus mit dem geografischen Raum zwischen Donau, Theiß und Allem, was da noch zwischen Karpaten und ukrainischer Grenze kommt. Meist hilft Name Dropping: „Schwarzes Meer“ Pause. „Siebenbürgen“ Pause. „Ceaușescu“ Pause. „Dracula“. Je nach dem, wie mein Gegenüber reagiert, treibe ich das Spiel eine Weile. „Sind die in der EU?“, fragen manche. „Ah, ja, da leben doch auch so viele Zigeuner, nicht wahr?“, erkundigen sich andere.
Rumänistik ist ein Exotenfach. Es ist mehr als nur eine Sprach- und Literaturwissenschaft. Ich verstehe es als Lebensweltenwissenschaft. Als Rumänistin kann ich nicht nur die Turzismen oder Slawismen in der Sprache benennen oder die letzte Sprachreform erklären. Als Rumänistin bin ich wissenschaftlich ausgebildete Botschafterin eines Landes im Südosten Europas. Und eine Kernkompetenz ist der Umgang mit den Assoziationen und Vorurteilen meiner GesprächspartnerInnen. Jedesmal neugierig auf das Vorwissen meines Gegenübers, was meist mit einer persönlichen Geschichte zusammenhängt. Als Rumänistin höre ich mir die Geschichten an, die Menschen mit Rumänien verbinden. Sie sind zu DDR-Zeiten dorthin in den Urlaub gefahren. Sie haben einen rumänischen Arbeitskollegen an der Universität. Sie haben dort kurz nach der Wende in einem Behindertenheim gearbeitet. Sie spenden für ein Straßenkinder-Hilfsprojekt in Bukarest. Ihre Kirchgemeinde sammelt Hilfsgüter für Rumänien. Die Pflegekraft des Opas kommt von da.
Und dann versuche ich die Geschichten aufzufüllen mit ein paar historischen, politischen oder landeskundlichen Details. Ich versuche, mein Gegenüber ein Stück mitzunehmen dorthin, wo seine oder ihre Geschichte ihren Ursprung hat. Seit wann Rumänien in der EU ist. Was das für das Land bedeutet. Wieviele aus der Bevölkerung der sozialen / ethnischen Gruppe der Roma angehören. Oder worüber Bram Stoker wirklich geschrieben hat. Dass der Glaube an Untote durchaus anzutreffen ist. Oder dass LIDL für das Errichten seiner Supermärkte einen millionenschweren Entwicklungshilfe-Kredit erhalten hat. Dass das Land in einer tiefen (innen-)politischen Krise steckt.
Als Rumänistin bin ich auch Aufklärerin. Ich stelle Vorannahmen richtig. Ich recherchiere Sachverhalte und gebe mein Wissen weiter. Ich versuche, die Fäden zusammenzuknüpfen da, wo sie gerissen sind. Historische und politische Themen stehen für mich im Mittelpunkt. Letztlich ist die Rumänistik eine Gegenwartswissenschaft, die völlig zu Unrecht mitunter als exotisch und antiquiert daherkommt. Rumänien zu verstehen, bedeutet, einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union zu verstehen. Es bedeutet, aktuelle Phänomene wie etwa Brain Drain oder die sog. Armutsmigration einordnen zu können.
Als RumänistIn kann man mit dem Wissen zu einem spezifischen geografischen / sprachlich-kulturellen Raum in den verschiedenen Bereichen unseres täglichen Lebens punkten: als ÜbersetzerIn und DolmetscherIn bei Behörden, Polizei und Gericht. Als BeraterIn einer Firma, die ihre Produktion nach Rumänien verlagern will. Als ReferentIn bei politischen Stiftungen, Parteien oder NGO's. Als AutorIn, VerlagsmitarbeiterIn oder RedakteurIn. Als ForscherIn, HochschullehrerIn, der / die Politik-, Wirtschafts-, Rechts- oder SozialwissenschaftlerInnen ausbildet. Oder als MitarbeiterIn von Wohlfahrtsverbänden, Beratungsstellen oder Behörden, die mit MigrantInnen aus Rumänien arbeiten.
Publikationen:
2013:
Transnationale Familien Rumäniens. Wie Kinder und Jugendliche die Arbeitsmigration ihrer Eltern erleben, Diplomica Verlag, Hamburg
Roma aus Rumänien in Deutschland. Integration durch Bildung statt Ablehnung durch Vorurteile, GRIN Verlag, München
2014:
Sozialleistungen für UnionsbürgerInnen. Die Arbeit des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), Grin Verlag, München
2015:
Transnationale Familien in Rumänien. In: Leuenberger, David/ Mörsdorf, Sven/ Munke, Martin (Hg.): Ostblicke. Zeitschrift der Initiative OsteuropaStudierende Deutschland e.V., 6. Jahrgang, S. 123-138
Aufwachsen im Kinderheim. In: Kacher, Gina (Hg.): Risiko Bindungsstörung? Frühkindliche Tagesbetreuung und Kinderheime im Blickpunkt der Bindungstheorie, Science Factory, GRIN Verlag, S. 49-72
2017:
Die rumänische Diaspora in Berlin. In: Südosteuropamitteilungen, 3/ 2017, 57. Jahrgang, S. 44-58
Rezension zu „Rumänisch ohne Mühe“ (Vincent Iluţiu, 2015). In: Südosteuropamitteilungen, 3/2017, 57. Jahrgang, S. 102 f.
Rezension zu „Zuwanderungsschock“ (Anton Sterbling, 2016). In: Südosteuropamitteilungen, 3/2017, 57. Jahrgang, S. 125 f.
Sternstunden der Demokratie: Die Proteste in Rumänien im Februar 2017. In: IDM Info über den Donauraum und Mitteleuropa, 2/ 2017, S. 4
Rezension zu „Zuwanderung, Kultur und Grenzen in Europa“ (Anton Sterbling, 2015). In: Südosteuropamitteilungen, 2/ 2017, 57. Jahrgang, S. 110 f.
2018:
Transnational Romanian Families. In: Lippmann, Malve/ Sungu, Can: Bitter Things. Narratives and Memories of Transnational Families, Archive Books, S. 29-37
Die rumänische Diaspora in Berlin. Ein Beispiel für neue Formen migrantischen Lebens, Peter Lang Verlag, Berlin
Integration ist die beste Armutsbekämpfung. In: Soziale Stadt. Newsletter des Diakonischen Werkes Hamburg, Nr. 20, April 2018