Studienabschlüsse: Südosteuropastudien in Jena (MA, PhD)
Derzeitige Stellung: seit Januar 2013 Projektleiter bei der DGAP Consulting GmbH

SOE Alumni Schneider Hanns

Eigentlich war ich zu Beginn meines Studiums ziemlich sicher, was ich wollte. Ich wollte Politik studieren, weil es mich schon immer interessiert hatte und danach die Welt ein kleines Bisschen verändern. Nach dem ersten Semester war ich ernüchtert und suchte nach einem Nebenfach, das sowohl die nötige Praxis beinhaltete und dabei noch ein gehöriges Stück Pioniergeist versprach.

Die Entscheidung, mich mit Südosteuropa intensiv zu beschäftigen, hab ich seitdem nicht einen Tag bereut. Mich erwartete eine ausgewogene Mischung aus Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft. Dabei wurden auch Geschichte und aktuelle Politik nicht vernachlässigt. Das Beste daran war, dass es für mich alles Neuland war. Ich hatte vorher nur einen groben Überblick gehabt und, so ganz ohne familiäre Beziehungen in die Region, auch keinen blassen Schimmer von den Sprachen. Ich entschied mich für Bosnisch/Kroatisch/Serbisch als erste und Bulgarisch als zweite Sprache. Diese Entscheidung erwies sich als hervorragend, da ich damit den größten Teil der Sprachen der Region abdeckte. Neue Sprachen zu lernen ist immer schwer und die gleichzeitige Verwendung von lateinischen und kyrillischen Buchstaben, zwei Verbformen und diversen Zeitformen machte es nicht einfacher. Aber durch engagierte Dozenten klappt das schon.

Am wichtigsten empfand ich aber die Aufenthalte in der Region: Zuerst in Belgrad, später im zentralserbischen Kragujevac und dann in allen anderen Ländern des Balkans konnte ich nicht nur meine sprachlichen Fertigkeiten ausbauen, sondern vor allem auch Land und Leute intensiv kennenlernen. Ich habe so ziemlich alles mitgenommen, was möglich ist. Vom orthodoxen Ostern, Weihnachten und Silvester über das Hauspatronenfest "Slava", das mitunter wichtiger als die anderen drei zusammen ist, bis hin zu traditionellen Liederabenden, bei den ein alter Mann auf einem einseitigen Streichinstrument (Gusle) stundenlang über die Helden der Nation singt.

Ich möchte keine Minute missen, und bin sehr glücklich, dass diese Zeit ein Teil meines Lebens geworden ist. Zu verdanken habe ich das in erster Linie den engagierten Dozenten, die vor allem auch außerhalb des üblichen Unterrichts das Interesse wach gehalten und die Neugier der Studenten gefördert haben. Am Ende meines Studiums konnte ich nicht genug bekommen und hab auch noch eine Promotion angehängt, natürlich über ein südosteuropäisches Thema. Bei der Konzeption, den Forschungsaufenthalten und während der Praktika konnte ich immer auf mein mittlerweile großes Kontaktnetzwerk in der Region und meine, mittlerweile zu Freunden gewordenen, Dozenten zurückgreifen. Das war vor allem möglich, weil der Umgang am Institut sehr persönlich war und man sich von der ersten Minute an aufgehoben fühlen konnte.

Mittlerweile arbeite ich zwar in einem anderen Bereich, aber ich kann die erlernten Softskills, allen voran die interkulturelle Kompetenz, die Neugier auf Unbekanntes und die Fähigkeit, mich in zunächst vollkommen unbekannte Zusammenhänge einzudenken, jeden Tag aufs Neue nutzen. Ganz nebenbei kann ich mich in einer der schönsten Regionen Europas verständigen und habe einen riesigen Freundeskreis mit sehr herzlichen Menschen gewonnen.