Saugrolle und Plastikröhrchen

Hormone und Stimme

(gefördert durch die DFG, WE 5757/4-1)
Saugrolle und Plastikröhrchen
Foto: Prof. Sprechwissenschaft und Phonetik

Projektleitung: Prof. Melanie Weirich (Start November 2021)

In diesem Forschungsprojekt betrachten wir den Einfluss von Hormonen (Testosteron, Östrogen, Progesteron und Cortisol) auf sprachliche Variabilität. Erkennt man das Testosteronlevel an der Stimme? Klingen Frauen in der fruchtbaren Phase ihres Zyklus anders? Haben Hormonwerte einen Einfluss darauf, wie Stimmen wahrgenommen werden?

Zur Untersuchung dieser und ähnlicher Fragestellungen haben wir ein Korpus erstellt mit Sprach-, Hormon- und Metadaten von 30 Männern und 80 Frauen. Wir messen den Hormongehalt im Speichel und setzen ihn in Beziehung zu stimmlichen Parametern wie der mittleren Sprechstimmlage oder der Stimmqualität.

Ergebnisse zu Analysen bei den männlichen Probanden:

Bei Männern konnten wir einen Zusammenhang zwischen Testosteronlevel und mittlerer Grundfrequenz zeigen: Über den Tagesverlauf sinkt das Testosteronlevel und die Grundfrequenz steigt (siehe Bilder unten). Männer mit hohem Testosteronlevel haben eine tiefe Stimmlage. Dieser Zusammenhang wird jedoch vom untersuchten Sprachmaterial beeinflusst (er ist größer bei gehaltenen Vokalen als beim freien Sprechen) und interagiert mit dem Cortisollevel. Hohes Cortisol scheint den Einfluss des Testosterons auf die Stimme zu schwächen. Wir konnten unserer Ergebnisse bereits auf mehreren Konferenzen vorstellen und in einem Zeitschriftenartikel Externer Linkveröffentlichen (siehe unten).

Veränderung von Testosteronlevel und F0 über den Tag

Foto: Melanie Weirich

Ergebnisse zu Analysen bei den weiblichen Probandinnen:

Bei Frauen untersuchen wir den möglichen Einfluss von Estradiol und Progesteron auf stimmliche und sprecherische Parameter über den Monatszyklus. Konkret vergleichen wir phonetische Parameter wie die mittlere Grundfrequenz zwischen fertiler und lutealer Phase. Erste Analysen deuten auf keinen Einfluss der Zyklusphase oder der Hormonwerte auf die mittlere Grundfrequenz. Erste Ergebnisse eines kleineren Hörexperiementes deuten aber dennoch auf einen Einfluss der Phase auf die wahrgenommene Attraktivität der Sprecherin anhand der Stimme (Stimmen von Frauen in der fertilen Phase werden attraktiver bewertet).

In einem Hörtest untersuchen wir den Einfluss der Hormonwerte der Frauen auf die Bewertung von männlichen Sprechern. Es zeigte sich, dass je höher der Estradiolwert ist, desto attraktiver wurden die Männerstimmen bewertet - allerdings nur in der lutealen Phase.

Einen klaren Zusammenhang fanden wir zwischen der Bewertung der Attraktivität männlicher Stimmen und dem Testosteronwert der Männer: Auf der Graphik unten sieht man, dass Sprecher mit hohem Testosteronwert als attraktiver hinsichtlich einer Langzeit- (links) und Kurzzeitbeziehung (rechts) bewertet wurden - unabhängig von der Zyklusphase in der sich die Hörerin befand (f=fertil, l = luteal). Dieser Zusammenhang fand sich für jede Altersgruppe der Frauen (F1: ca. 20 Jahre, F2: ca. 30 Jahre, F3: ca. 40 Jahre), wobei der Zusammenhang in der ältesten Hörerinnengruppe weniger stark war. Ein Grund für den Einfluss des Testosterons auf die Bewertung der Attraktivität ist wahrscheinlich die tiefere mittlere Grundfrequenz der Männer mit hohem Testosteron.

Zusammenhang zwischen Attraktivitätsbewertung und Testosteron bei männlichen Sprechern

Foto: Professur für Sprechwissenschaft und Phonetik

Publikationen, Konferenzbeiträge und eingeladene Vorträg:

Aichele, C., Semmler, M., Kniesburges, S & Weirich, M. (2024) Zusammenhang zwischen Testosteron und Stimmqualität bei jungen, stimmgesunden Männern. Vortrag bei der 40. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie, 12. - 15. September 2024, Berlin

Weirich, M., Hilliger, L., Knauft, D., Maljavin, A., Schure, N. &  Ziemer, S. (2024) Hormonelle Einflüsse auf die Sprechstimmlage bei Frauen. Posterpräsentation auf der P&P 20, Halle (Saale).

Hilliger, L., Ziemer, S., Simpson, A., P. &  Weirich, M. (2024) Potential changes in plosive VOT during the menstrual cycle. Posterpräsentation auf der P&P 20, Halle (Saale).

Weirich, M., Simpson, A. P., & Knutti, N. (2024). Effects of testosterone on speech production and perception: Linking hormone levels in males to vocal cues and female voice attractiveness ratingsExterner LinkPhysiology & Behavior, 114615

Weirich, M., Simpson, A., Knutti, N. & Kiehntopf, M. (2023) Relationship between testosterone and fundamental frequency in men. Phonetik & Phonologie 19, Bern, Schweiz.