PD Dr. Marko Kreutzmann
Hofjuden in den thüringischen Residenzen. Die Familie Elkan in Weimar im 18. und 19. Jahrhundert (gefördert durch den Freistaat Thüringen und die Friedrich-Christian-Lesser-Stiftung)
Am 7. April 1770 wurde Jacob Elkan durch die Weimarer Herzogin Anna Amalia zum Hofjuden ernannt. Die Familie Elkan war damit die erste jüdische Familie, die sich im Herzogtum Sachsen-Weimar niederlassen und Handel treiben durfte. Das Projekt geht am Beispiel der Familie Elkan der Frage nach, wie sich jüdisches Leben in den thüringischen Residenzen entfaltete, welche Rolle die Hofjuden im wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben spielten, wie sich ihr Verhältnis zur nichtjüdischen Mehrheitsgesellschaft gestaltete und wie sie sich in den vielfältigen Transformationsprozessen am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts verhielten. Das Projekt kann dabei auf eine reichhaltige Quellengrundlage zurückgreifen, die sowohl amtliche Dokumente als auch eine umfangreiche familiengeschichtliche Überlieferung umfasst.
Robert Proske, M.A. (Projektbeginn: April 2024)
Amtleute, Reformpolitik und Krisenkommunikation in den ernestinischen Staaten
Thüringens 1770-1870
In einer Zeit der 'multiplen Krisen' und der gesellschaftlichen Herausforderungen des aktuellen sozialökonomischen Transformationsprozesses geraten die Reformfähigkeit der Verwaltung und die kommunikativen Möglichkeiten von lokalen Entscheidungsträgern als Vermittler zwischen Regierung und lokaler/regionaler Bevölkerung wieder in den Fokus des geschichtswissenschaftlichen Interesses. Für
den industriellen Transformationsprozess Thüringens bieten sich dabei die (Justiz-) Amtleute im Besonderen an, da das Amt als Behörde eine besondere Rolle bei der Institutionalisierung von Herrschaft am Übergang zwischen Früher Neuzeit und Moderne besaß. Die Amtleute waren dabei ein "Scharnier" oder eine "Schnittstelle" zwischen den jeweiligen kleinstaatlichen Regierungen und den Bürgern und Bürgerinnen der kleineren Städte und Orte. Sie waren als Informationsquelle, aber auch zur Umsetzung herrschaftlicher
Reformprojekte und Gesetzesvorhaben wichtige Bezugspunkte. Während die Ortsbeamten als Gruppe und die Reformpolitik der Regierungsbeamten bereits auch für thüringische Staaten behandelt wurden, ist die Forschung zu den Amtleuten als Akteuren der Reformpolitik in den ernestinischen Kleinstaaten im Zeitraum zwischen 1770 und 1870 noch ein Desiderat. Das Dissertationsprojekt möchte an dieser Stelle ansetzen, um neben einer kollektivbiografischen Aufarbeitung der Amtleute als soziale Gruppe besonders deren Einfluss auf die Reformgesetzgebung und die Kommunikation zwischen Bevölkerung und Regierung während der prägenden Krisenzeiten im Untersuchungszeitraum erstmalig zu beleuchten.
Stefan Eggenstein (Projektbeginn: April 2023)
Armut und Pauperismus in Thüringen (1750-1850) in vergleichender Perspektive
Armut im 18. und frühen 19. Jahrhundert war häufig ererbt, allerdings gab es darüber hinaus noch weitere Ursachen, zu denen witterungsbedingte Erntekrisen ebenso gehörten wie Kriegsfolgen oder die gesellschaftlichen Veränderungen in Verbindung mit der frühen Industrialisierung.
Anliegen der Dissertation ist es, Ursachen, Auswirkungen und Folgen von Armut und Hunger von der Spätphase des Alten Reiches über die Zeit der Napoleonischen Kriege bis hin zu den Anfängen der Industrialisierung und der europäischen Hungerkrise von 1845-1847 für den Raum des heutigen Thüringen zu untersuchen.
Ferdinand Kämpfer, M.A. (Projektbeginn: Oktober 2022)
Die thüringische Einheitsfrage während der Revolutionsjahre 1848/49. Mit besonderer Betrachtung der reußischen Fürstentümer und des Herzogtums Sachsen-Altenburg
Die Regenten und Staatsminister der Thüringer Kleinstaaten versuchten während der Revolution von 1848/49 eine erstmalige vollumfängliche politische und administrative Einheit zu bilden. Die Realisierung eines solchen Projektes scheiterte nicht nur am dynastischen Selbstbewusstsein der Thüringer Fürsten und Herzöge, sondern auch an der Sturheit einzelner Minister auf den Einheitskonferenzen zu Gotha. Neben der staatspolitischen Ebene spielte die Bevölkerung eine erhebliche Rolle. Erstmals in der Geschichte richtete sich diese mit Petitionen und Briefen an die jeweiligen Landesherren und drückte neben politischen Forderungen ihre (Wunsch-)Zugehörigkeit zu einem einheitlichen Thüringen, zu ihrem Heimatstaat, zu ihrer Region oder gar zum Königreich Sachsen aus. Für das Dissertationsvorhaben liegt der Fokus sowohl auf der Rolle der Thüringischen Staaten, allen voran der reußischen Fürstentümer und des Herzogtums Sachsen-Altenburg, vielmehr jedoch auf der Bevölkerung und deren Bezug zum Begriff "Thüringen". Damit deckt die Arbeit neben der politischen Ereignisgeschichte auch die Thüringer Alltagsgeschichte ab.
Oskar Kilian Wasielewski (Projektbeginn: Juni 2022)
Kleinstaatliche Diplomatie auf europäischer Ebene. Das Herzogtum Sachsen-Gotha
und Altenburg auf dem Wiener Kongress
Sachsen-Gotha und Altenburg erlebte als größter thüringischer Staat seit dem Ende des Alten Reichs 1806 außenpolitische Unsicherheiten und wechselnde Bündnisse. Auf dem Wiener Kongress musste sich das Herzogtum ohne dynastische Verbindung zu einer Großmacht behaupten und seine Interessen bei der Neuordnung Europas und den Verhandlungen zum Deutschen Bund einbringen. Im Promotionsvorhaben wird gefragt, welche Möglichkeiten der Einflussnahme es für den Thüringer Kleinstaat gab und inwiefern die thüringischen Staaten als Konkurrenten oder Partner in Wien auftraten. Dabei soll insbesondere auf die Ordnungsvorstellungen und Handlungsstrategien des Herzogtums sowie auf die Nutzbarmachung von politischen Netzwerken eingegangen werden.